„Isch des no weit?“ höre ich jemanden aus einer Gruppe Männer auf dem Weg zum Stadion fragen. „Des ka doch it so weit sei!“

Die Badener sind in der Stadt. Gemütlich und mit guter Laune pilgern sie inmitten der RB-Fans in die Arena. Ich werde kurz wehmütig und denke an die Saison 1995/96 als sich der SC Freiburg für den UEFA-Pokal qualifiziert hatte und ich hin und wieder an die Dreisam fuhr. Damals hieß das Stadion noch Dreisamstadion und der Trainer Volker Finke. Heute spielt der SC Freiburg mit Christian Streich wieder um einen Europapokalplatz. Der RB Leipzig allerdings auch, und dieses Mal feuere ich die Bullen an.

Nichtsdestotrotz haben mir die Gedanken an den Kaiserstuhl Lust auf Wein gemacht. Ich probiere den Stadionrotwein und befinde ihn für etwas zu süß, aber gut trinkbar. Die Stimmung in der Red Bull Arena ist prima und mit 41.446 Zuschauern so gut wie ausverkauft. Da Willi Orban Gelb-Rot gesperrt ist, darf er dafür bestimmt Ostereier suchen. Ich habe heute meine neue Knautbullen-Jacken an, was den Kollegen links von mir ein anerkennendes Nicken entlockt. Ich fühle mich irgendwie siegessicher, denn es geht direkt nach vorne für den RB. Bereits in der 5. Minute gibt es kurze Aufregung: Tor oder nicht? Puh, Forsberg zieht ab, trifft aber nur das Außennetz. Leipzig macht Druck, noch ist jedoch kein Durchkommen an der Freiburger Abwehr. Der Kollege links pafft gemächlich an seiner E-Zigarette; SIE und ER, zwei älteren Herrschaften um die Siebzig zwei Reihen vor mir, klatschen fröhlich unrhythmisch, aber ambitioniert und kennen alle Schlachtrufe. Ich finde das toll und beschließe, in dem Alter auch noch ins Stadion zu gehen. Auf dem Feld sprintet Timo Werner vom Mittelfeld auf die linke Seite, flankt zu Poulsen, der aber einen halben Schritt zu spät kommt. Bisher stehen die Breisgauer hinten stabil. Keine Ecke, kein Freistoß kommt durch. Der Kollege zieht energisch an seiner E-Zigarette, denn der Freiburger Frantz steht frei vor Gulacsi und verpasst das Tor nur knapp. Und wieder eine dicke Chance für Freiburg. Mann, war das knapp! Der Kollege zündet sich eine echte Zigarette an. Ist ja nicht zum Aushalten. Dann endlich die Erlösung: In der 36. Minute befördert Yussuf Poulsen den Ball mit seinem Kopf ins Toreck zum 1:0. Die Herrschaften jubeln frenetisch, ich auch.      

Leipzig lässt nicht nach und erhöht in der 42. Minute durch Timo Werner nach einem Bilderbuch-Konter zum 2:0. Ein leichtes Europapokallüftchen weht durch die Stadionreihen, die E-Zigarette wird wieder eingeschaltet.

In der Halbzeitpause erfahre ich, dass Willi Orban, da er nun bei Tim Thoelke steht, nicht beim Eiersuchen ist, und sein ungarischer Lieblingsspieler überraschenderweise Peter Gulasci heißt.

Nach Wiederanpfiff versuchen es die Freiburger offensiver. Naby Keïta bekommt den Ball, und ich denke noch, „Mann, sieht das geschmeidig aus, wie er den Ball führt“, da steht es schon 3:0. SIE schwenkt ihren Schal in entgegengesetzter Richtung zu den zahntausenden anderen Schals. Leipzig hat offensichtlich weiterhin Spaß am Fußball und beschert uns spannende Spielzüge vor dem Freiburger Tor. Die Breisgauer mühen sich ab an der Leipziger Abwehr – nichts klappt. Sogar als der Ball tatsächlich im Tor landet wird Abseits gepfiffen. Dann, zu guter Letzt, trifft Diego Demme mit dem Kopf zum 4:0 Endstand. Sein erstes Bundesligator bezahlt der Abwehrspieler mit einem Schneidezahn. Ich hoffe, dass Demme ihn unter sein Kopfkissen legt und sich weitere zahnverlustfreie Tore wünscht.

RB hat heute nichts anbrennen lassen. Der Kollege links und ich klatschen ab, die Herrschaften fallen sich in die Arme. EUROPAPOKAAAAAAL!

Ein kleiner Nachtrag zum Spielbericht ist leider erforderlich. Erneut machte das Herz eines Fans vor dem Einlass schlapp. Erneut konnten die Ärzte für den Fan nichts mehr tun. Ruhe in Frieden, unbekannter Freund! Deiner Familie und Deinen Freunden wünschen wir alle erdenkliche Kraft bei der Trauerarbeit!

Und so sahen die anderen Experten das Spiel: